Filterblase

Anna Bolten: Platzt jetzt die Filterblase? Instagram, Tiktok und Co. spalten die Gesellschaft, indem sie andere Meinungen ausblenden. Zumindest glauben das viele. Die Realität ist komplizierter – und das wahre Problem liegt womöglich woanders. Frankfurter Allgemeine Zeitung 25.05.2025 (hinter der Bezahlschranke)
Zunächst wird das Konzept der Filterblase dargestellt: Algorithmische Filter sortieren die Inhalte und haben zur Folge, dass die Menschen in einer isolierten Informationsblase mit einer entsprechend verengten Meinung landen. Die Internetplattformen würden darüberhinaus Nutzer mit gleichen Positionen zusammenführen (Echokammern). Diese Konzepte werden von Kommunikationswissenschaftler zunehmend infragegestellt. Die Filterwirkungen seien nicht so stark wie angenommen: Nachrichten aus anderen Quellen werden verfolgt, alternative Meinungen können in Blogs nicht komplett abgeschirmt werden und Posts allgemein bleiben nicht besonders lange im Gedächtnis haften. Das Problem liege woanders: „Der Grund für zunehmende Polarisierung seien nicht einseitige Inhalte, sondern die Moderation auf den Plattformen. Hassrede, Beleidigungen und Anfeindungen werden kaum gelöscht. Fehlt ein gepflegter Diskuurs, werde der Austausch von sachlichen Argumenten sehr schwer.“

Filterblase bei Google?

Die Personalisierung von Suchergebnissen der Suchmaschinen und die Vernetzung der sozialen Netzwerke hat Vor- und Nachteile. Wenn ich mich für Golf als Sport interessiere und Treffer, die sich mit dem Auto oder dem Golfstrom befassen, nicht anklicke, zeigen die Algorithmen mir in Zukunft  ähnliche Treffer und die dazugehörige Werbung an. Je häufiger ich bestimmte Seiten anklicke, desto häufiger werden sie angezeigt. Im Extremfall wird mir die eigene Webseite an einer der ersten Stelle der Suchergebnisse angezeigt, weil sie ständig kontrolliert und aufgerufen wird, während sie für alle anderen Nutzer fast unsichtbar ist. Auch das Gerät, PC, Tablet, Handy mit Betriebssystem und Browser werden ausgelesen. Bei der gleichen Suchfrage erhält man mit unterschiedlichen Geräten unterschiedliche Suchergebnisse und teilweise auch unterschiedliche Preise in Internetshops und bei der Buchung von Reisen.
Ob daraus eine Filterblase entsteht, ist umstritten. Siehe z.B. Sebastian Meinek: Deshalb ist „Filterblase“ die blödeste Metapher des Internets, motherboard 9.3.2018 
Auf jeden Fall kann ich dem als Benutzer aktiv entgegentreten, indem ich Suchverlauf und Cookies regelmäßig lösche, den Browser durch ergänzende Tools wie Ghostery absichere oder noch besser, von vornherein in einer virtuellen Umgebung unterwegs bin. Außerdem bin ich als Benutzer aktiv gefordert und nicht willenloses Objekt der Suchmaschine: Fuck the Bubble: So bringst du deine Filterblase zum Platzen

Konkrete Untersuchungen zu den Auswirkungen der Personalisierung sind leider bislang nicht überzeugend. Das
Forschungsprojekt „#Datenspende: Google und die Bundestagswahl 2017“  hat sich jetzt dieser Problematik gewidmet. Die Untersuchung beruht auf der Suche nach 9 Politikern und Parteien, die in regelmäßigen Abständen wiederholt wurden. Als Ergebnis stellte sich heraus, dass die Suchergebnisse nur unwesentlich voneinander abweichen.
Die Problematik bei dieser Studie liegt bei der Art der Suchfragen. Sie beschränken sich auf das, was man im Retrieval Known-Item-Search bezeichnet, die Suche nach Fakten, die man schon vorher kennt. Die Aussagekraft ist also sehr begrenzt. Welche Folgen Personalisierung unter welchen Umständen auf die Informationsversorgung haben kann, ist damit nicht geklärt.