Mastodon keine Alternative?

Silke Hahn: Interview: “Große Bedenken, auf Mastodon zu setzen – aus technischer Sicht”. Taugt Mastodon als Twitter-Alternative? Softwarearchitekt Golo Roden hält aus technischer Sicht Skepsis für angebracht. Heise Online 03.02.2023 Roden hat “vor allem aus technischer Sicht große Bedenken, auf Mastodon zu setzen“. Er kritisiert, dass durch die Open Source Mentalität eine notwendige Professionalisierung fehlt. “Damit das im großen Stil funktioniert, bräuchte man ein Mastodon, das aus einem Binary besteht, das man herunterladen und starten kann, bei dem man lediglich ein paar Umgebungsvariablen oder CLI-Flags setzen muss, und das war’s. Und natürlich müsste das Ganze auch vernünftig dokumentiert sein.” Er sieht die Gefahr von Hackerangriffen auf einzelne Instanzen, deren Existenzen spätetesten nach einer Offenlegung gehackter personenbezogener Daten nach DSVGO gefährdet sind.

Social Media transparent

Analytische Daten zu Social-Websites (Youtube, Twitch, Facebook, Instagram, Twitter, Tik Tok, Dailymotion, Odysee, Trovo, Mixer, DLife, StoryFire) liefert die Webseite SocialBlade. Insbesondere werden Views, Abonnenten und Ranglisten angezeigt.

Russische Desinformation in den sozialen Medien

Akten der Discord Leaks zeigen, dass die Fake-Accounts und Desinformation Russlands in den sozialen Medien äußerst effektiv sind. Von Hunderttausenden Fake-Accounts sollen nach russischer Einschätzung lediglich 1% entdeckt werden. Selbst wenn diese Erfolgsquote übertrieben sein sollte, berichtet das gelekte Dokument, dass mittels Bots, falschen und automatisierten Social-Media-Profilen zum einen Inhalte und Abrufzahlen manipuliert werden. Zum anderen werden gezielt Propagandahinhalte eingespeist und Nutzern direkt zugesandt. Das Dokument wurde von den Joint Chiefs of Staff, dem US Cyber ​​Command und dem US European Command, der Organisation, die die amerikanischen Militäraktivitäten in Europa leitet, erstellt. Darin wird auch ein Desinformationsnetzwerk “Fabrika” identifiziert.
“It focuses on Russia’s Main Scientific Research Computing Center, also referred to as GlavNIVTs. The center performs work directly for the Russian presidential administration. It said the Russian network for running its disinformation campaign is known as Fabrika.”
Joseph Mann: Russians boasted that just 1% of fake social profiles are caught, leak shows. The estimate is contained in a document that is part of a trove of top-secret material leaked in a Discord chatroom, Washington Post 16.04.2023
Christopher Koopmann: Putins Bot-Armee auf Social Media, Süddeutsche Zeitung 17.04.2023 (hinter der Bezahlschranke)

LinkedIn Tricks

Ergänzend zu dem Artikel “Algorithmus von LinkedIn” auf dieser Seite weist Laurin Meyer, Mit diesen drei Wörtern verbessern Sie Ihre Jobchancen bei LinkedIn drastisch, Welt vom 7.3.2023 (hinter der Bezahlschranke) auf einen Trick hin. Post werden zunehmend mit der Phrase “Comments for Reach” ergänzt. “Wer einen Job sucht, fordert seine Kontakte im Online-Netzwerk dazu auf, einen Kommentar unter seinem Post zu hinterlassen.” Unabhängig vom Inhalt soll die Zahl der Kommentare die Sichtbarkeit des Posts steigern. Die Häufigkeit scheint daraufhinzuweisen, dass dies durchaus einen Effekt hat. Ob er langfristig von Dauer ist, bleibt abzuwarten.

Mastodon – Rettung oder Verhängnis?

Ist Mastodon Rettung sozialer Kommunikation oder das nächste Verhängnis? Hendrik Wieduwilt: Schlimmer als Twitter. Elon Musk könnte seine Plattform ruinieren. Doch auf den möglichen Nachfolger Mastodon hat die Rechtsordnung keine gute Antwort, Frankfurter Allgemeine Zeitung 05.12.2022 (hinter der Bezahlschranke) zeichnet zunächst nach, wie Twitter, das politischste Kommunikationsnetzwerk, durch die Lenkung von Elon Musk sich von einer offenen Plattform “zu einem Klub” entwickelt, in dem zunehmend Fake News und extreme Positionen sich bestätigen. Immerhin könnte aber diese zentrale und kommerzielle Platform rechtlich eingehegt werden. Das dezentrale Netzwerk Mastodon als Föderation von Servern bietet sich als Alternative zu Twitter an. Wieduwilt weist allerdings darauf hin, dass rechtliche Regulierung zur Zeit weder durch das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz noch das EU Digitale-Dienste-Gesetz möglich ist: “Die erforderlichen Mindestgräßen an Nutzerzahlen oder Mitarbeitern erreicht bisher keine der Mastodon-Instanzen. Selbst wenn sich das änderte, müsste jeweils ein Ansprechpartner gefunden werden. Und gegen ausländische Instanzen hülfe das Regelwerk ohnehin nicht weiter.” Der digitale Denkraum zerfällt in einzelne Segmente, die von den Administratoren der Server gestaltet, aber nicht moderiert werden. Diese Gestaltung kann aber jederzeit umschlagen aktivistische Lenkung, indem z.B. unliebsame Server blockiert werden.

Ethik des Metaversums

Christiane Hanna Henkel: Zuckerberg, Facebook und das Metaversum: warum wir Meta auch in der neuen virtuellen Welt nicht vertrauen können. Mark Zuckerberg möchte die kommende Revolution des Internets anführen. Doch für das Metaversum sind weder der Multimilliardär noch sein Konzern Meta Platforms moralisch gerüstet. Neue Zürcher Zeitung 15.11.2022 stellt die Frage, einerseits, ob das Metaversum so realisiert werden kann wie intendiert und andererseits, ob nicht zur Konstruktion einer derartigen virtuellen Welt die ethischen und moralischen Grundlagen fehlen. In der virtuellen Welt sollte man mit anderen Personen und Gegenständen interagieren, mit rasanter Geschwindigkeit neue Erfahrungen und Wissen generieren und gefahrlos ausprobieren. Allerdings: “Eine der wichtigsten Voraussetzungen dafür, dass wir uns in das Metaversum als Individuum in digitalisierter Form begeben, ist Vertrauen. Vertrauen, dass unser digitales Ich nicht ausspioniert, manipuliert oder anderweitig missbraucht wird. Genau das aber ist auch Teil der DNA von Meta Platforms.” Nicht nur die nahezu schrankenlose Aquisition von Daten und ihre Umsetzung in ein Werbekonzept, sondern auch die hässliche Seite des Geschäftsmodells – Verbreitung von Hass und Hetze – stellen das grundsätzliche Konstrukt und die Vertrauensbasis eines Metaversums in Frage: “Für das virtuelle Metaversum sind weder der Multimilliardär noch sein Konzern moralisch gerüstet.”

Technofeudalismus

Michael Moorstedt: Auf dem Weg zum Techno-Feudalismus. Absolute Herrscher, die ihre Launen ausleben und den “Zehnten” kassieren: Plattformunternehmen wie Twitter untergraben die Gesetze des Kapitalismus, Süddeutsche Zeitung 06.11.2022 stellt die Frage, ob sich nicht strukturell etwas geändert hat, was man mit dem “Gedankenbild des Feudalismus” bezeichnen könnte: Statt Kapitalakkumulation durch Produktion zu betreiben, saugen die Plattformen wie Uber, Airbnb und Doordash die zugrundeliegende Ökonomie parasitär aus: “Durch Plattformunternehmen unterwerfen sich Handwerker, Putzfrauen, Hundespaziergänger, Reinigungskräfte einem neuen Mittelsmann, der Kundenbeziehung und Marktzugang kontrolliert. Und während diese Arbeiter früher einen eigenen Verdienst hatten, zieht nun der eigentlich überflüssige Vermittler eine neue Gebühr ein.”
Durch die sozialen Plattformen wie Facebook, Twitter und Youtube sollte der soziale Zusammenhalt durch Austausch verbessert werden. Stattdessen stellen wir Informationen zur Verfügung, die Mehrwert für Plattformen schaffen. Der Zugang zu den so entstandenen Informationen wird uns nur noch selektiv gewährt. Eine neue Kaste ist entstanden. “Diejenigen, die noch über genügend Kapital verfügen, können sich den Zugang zu einem höheren Stand erkaufen. Das Fußvolk dagegen wird in einen überfüllten und schlecht moderierten Inhalte-Slum gepackt, der von den Lehnsherren mit Werbung und Mikrotransaktionen gepflastert wird.”

Russisches Desinformationsökosystem

In einem Interview von Sven Scharf mit dem Kommunikationsexperten Lutz Güllner: Russische Desinformationskampagnen “In den sozialen Medien sehen wir verdeckte Geheimdienstoperationen” Spiegel 27.10.2022 (hinter der Bezahlschranke) wird beschrieben, wie russische Desinformation mit unterschiedlichen Instrumenten und Gruppen arbeitet, die nicht alle zentralisiert und gesteuert sind. Dieses “Desinformationsökosystem” fügt einerseits willkürliches Bildmaterial mit konstruierten Erzählungen zusammen, die leicht im Internet als Fake entlarvt werden können. Dem gegenüber stehen hochprofessionelle Kampagnen, z.B. das zahlreiche Klonen von Presse-Webseiten. Ziel sind zwei Dinge: “Erstens: Personen zu überzeugen oder zumindest zu verunsichern. Und zweitens: Manchmal geht es gar nicht darum, die Leute direkt von der russischen Sichtweise zu überzeugen, sondern einfach nur darum, Verwirrung zu stiften.” Die Entwicklung zahlreicher Narrative oder die Kombination von Informationen mit falschen Kontexten soll zur Desorientung der Empfänger führen. Offizielle Verlautbarungen, staatliche Medien, Internetportale ergänzen einander. “In den sozialen Medien sehen wir geradezu verdeckte Geheimdienstoperationen: mit falschen Identitäten, mit Verstärkungen oder mit Strategien, um die Inhalte stärker zu verbreiten zu verstärken.”

Ende der sozialen Medien

Severin Pomsel: Das Ende der sozialen Netzwerke – Facebook, Instagram und Co. sind zum Massenmedium geworden. Facebook und Instagram passen ihre Algorithmen an: Der eigene Freundeskreis wird immer unwichtiger. Der soziale Austausch ist längst dem passiven Medienkonsum gewichen. Neue Zürcher Zeitung 06.08.2022 (hinter der Registrierschranke) sieht in der Änderung der Algorithmen von Facebook und Instagram einen grundsätzlichen Paradigmenwandel. Das klassische soziale Netzwerk, in dem Inhalte mit Freunden geteilt werden und diese mit Kommentaren und Likes reagieren, ist schrittweise verändert worden zunächst durch die Ablösung des chronologischen Newsfeed durch das Beliebtheitskriterium und dem damit eingehergehenden Bedeutungsverlust des engsten Freundeskreises. Jetzt setzt sich die Logik von Youtube und Tiktok durch: Nutzer produzieren Inhalte, die nach Algorithmen für die Konsumenten ausgewählt und durch deren Nutzerverhalten optimiert werden. Nicht die Vernetzung, sondern der Konsum von Inhalten steht im Vordergrund.
“‘Sozial’ sind die Netzwerke heute nicht mehr. Und an die Stelle des Netzwerks ist ein `Verteilzentrum’ getreten. Aus den Plattformen sind digitale Massenmedien geworden. Sendestationen mit einem unendlichen Pool an Inhalten, die jedem Nutzer ein massgeschneidertes Programm zusammenstellen.”

Seite 1 von 4
1 2 3 4