Befreit das Netz

Martin Andree: Die wunderbaren Prinzipien der digitalen Revolution sind weg – befreit das Netz! Das freie Internet ist Geschichte, seitdem es durch die Digitalkonzerne übernommen wurde. Höchste Zeit, das Netz für die westliche Welt zurückzuerobern, in: Neue Zürcher Zeitung 18.08.2023
beschreibt zunächst den Zustand: “die digitale Landschaft ist weitgehend kolonialisiert von einer Handvoll Konzernen (GAFAM)” . Dem stellt er Prinzipien für neue und freie digitale Welt entgegen:
“Das Erste, was wir tun könnten, wäre, die digitalen Werte zum Nennwert zu nehmen und sie den Tech-Riesen kurz zu erklären.”
– Freedom: Keine Beherrschung durch die Internet-Konzerne
– Participation: Internet-Konzerne zahlen die gleichen Steuern wie andere Unternehmen
– Openness: Interoperabilität der Daten unterschiedlicher Plattformen
– Community: Gemeinschaft entscheidet über die Geschäftsbedingungen
– Transparency: Wirtschaftliche und Nutzungsdaten werden offengelegt
– Sharing: anonymisierte und aggregierte Daten werden vergemeinschaftet
– Empowerment: Nutzer bestimmen selbst über ihre Daten

Das Dilemma der Algorithmen und Daten

Kai Burkhardt, Kamala Harris. Die Frau, die Google und Facebook zerschlagen kann – wenn sie will, Die Welt 14.12. (hinter der Bezahlschranke) beschreibt, dass Harris aufgrund ihrer Kenntnisse der Tech-Firmen in Kalifornien in der Lage sein könnte, die Internetkonzerne zu deregulieren.

Zunächst geht er davon aus, dass die gesellschaftlichen Schäden, die insbesondere Social Media durch die Methoden der Nutzerführung und Manipulation erzeugt haben, „nicht mehr ohne Weiteres zu reparieren“ sind. „Die politischen Identitäten, die sich in den Resonanzräumen der Internetkonzerne gebildet haben, werden auch nicht einfach in den politischen Mainstream zurückkehren.“
Wer aber könnte die technischen und finanziellen Mittel verfügen, um diesen Prozess zu korrigieren, wenn nicht die Verursacher, die Internetkonzerne selbst? Die verschiedenen Aspekte dieses Dilemmas werden analysiert.
Programmierer zeichnen sich aufgrund ihrer Biographie in der Regel nicht durch gesellschaftliche Empathie aus. Ihre Produkte, die „Algorithmen sind nichts anders als die Verallgemeinerung von Hypothesen und Vorurteilen in den Köpfen von Programmieren.“ Der Programmcode zeigt sich letztlich an den Ergebnissen, der Code selbst aber kann kaum ohne Hilfe künstlicher Intelligenz darauf geprüft werden, was er nicht oder zur Zeit nicht liefert und was er in anderen Konstellationen liefern könnte. „Künstliche Intelligenz kann aufgrund ihrer schieren Komplexität also wiederum nur von einer anderen Künstlichen Intelligenz untersucht werden und da beißt sich nun die Katze in den Schwanz, denn das Ergebnis einer Simulation kann nicht simuliert werden.“ Aber selbst wenn dies gelänge, wären Algorithmen ohne Daten wertlos. Jenseits der von den Internetfirmen selbst erhobenen Daten gerät der Umgang mit Daten durch die Datamining-Firmen, die jegliche Arten von Daten zu Profilen verknüpfen, in eine neue Dimension. Burkhardt sieht eine Chance in einem zentralen „Open-Source-Katasteramt“, „das Datensätze nicht nur verwaltet, sondern auch erforscht und beschreibt, bevor sie an Dritte weitergegeben werden.“ Es wäre möglich, dass sich die Internetkonzerne unter dem politischen Druck einer Zerschlagung ihrer Konzernstrukturen in die Richtung eines anderen Umgangs mit Daten bewegen.