Digitaler Neustart

Martin Andree, Karl-Nikolaus Peifer: Befreit das Netz. Eine Handvoll Tech-Konzerne beherrscht das Internet – dabei könnten wir das leicht ändern und obendrein noch unsere Demokratie retten., Süddeutsche Zeitung 08.02.2024 (hinter der Bezahlschranke)
Ausgehend von den Symptomen im digitalen Raum (Desinformation, Radikalisierung, Onlinemobbing, Polarisierung) analysieren die Autoren “das Problem der digitalen Monopolbildung, das die grundlegenden Strukturen unserer pluralistisch-freiheitlichen Ordnung aus den Angeln hebt”. Da die drei größten Internetkonzerne 80 bis 90 Prozent der digitalen Werbeinnahmen auf sich ziehen, bleiben für den Rest kaum auskömmliche Finanzen übrig. Ursache ist eine fehlende Regulierung des Marktes und der Inhalte. Die Autoren fordern einen “digitalen Neustart”: Öffnung der Plattformen, offene Standards, Trennung von Übertragungswegen und Inhalten, Bündelung der kontrollierenden Instanzen an einer zentralen Stelle.

Paradise lost

Die Vertreibung aus dem digitalen Paradies

Digitale Teilhabe bedeutet, dass man die Dienstleistungen verschiedener Anbieter im digitalen Raum in Anspruch nehmen kann. Google, Facebook, Microsoft, Apple stehen hier exemplarisch für Dienstleister, mit denen ein privatrechtlicher Vertrag geschlossen wird, in dem  deren Teilnahmebedingungen anerkannt werden müssen. Dabei ist oft unklar, ob die dort gespeicherten Daten den Diensten übertragen wurden, also mit den zur Verfügung gestellten Diensten verknüpft sind, oder ob sie noch dem Urheber gehören. Diese Frage stellt sich unabhängig davon, ob dem Benutzer ein Export seiner Daten mit den Mitteln der Software des Dienstes gestattet wird. Auch eine teilweise und zeitweise Lizenzierung, wie Facebook es fordert (“Du gibst uns eine nicht-exklusive, übertragbare, unterlizenzierbare, unentgeltliche, weltweite Lizenz für die Nutzung jeglicher IP-Inhalte, die du auf oder im Zusammenhang mit Facebook postest („IP-Lizenz“). Diese IP-Lizenz endet, wenn du deine IP-Inhalte oder dein Konto löscht, außer deine Inhalte wurden mit anderen Nutzern geteilt und diese haben sie nicht gelöscht.”)  ist nur Teil des Problems. Was ist, wenn die Mails, Daten und Multimediadaten nur dort gesichert sind, weil man sie dort – etwa in der Cloud – sicher wähnte oder von verschiedenen Endgeräten nutzen wollte.

Inzwischen häufen sich Fälle, in denen Benutzer aus teilweise nicht ersichtlichen Kriterien von den Diensten ausgeschlossen werden. Dabei ist der Zugriff nicht nur auf die Dienste, sondern auch auf die persönlichen gespeicherten Daten (Mails, Dokumente, Bilder usw.) gesperrt. Im schlimmsten Fall droht ein Verlust der kompletten digitalen Identität mit allen Folgen in der analogen Welt. Gesperrt wird augenscheinlich durch Bots, gegen deren Entscheidung kaum Gegenwehr möglich ist. “Die mächtigsten und reichsten Kommunikationsplattformen der Welt bieten kaum Kommunikationskanäle für Menschen, denen der Zugang zu dieser Infrastruktur verwehrt wird.” 
Die Folgerung kann nur sein, dass man alle wichtigen Mails und Dokumente zusätzlich zur Speicherung in der Cloud lokal sichert.

Simon Hurtz: Und plötzlich ist das Online-Konto weg. Millionen Menschen legen ihr digitales Leben in die Hände von Facebook oder Google. Wenn die Plattformen den Zugriff sperren, beginnt für viele Betroffene ein Albtraum. Süddeutsche Zeitung 24.03.2921

Jens Berger: Ausgeschlossen aus der schönen neuen Welt Nachdenkseiten 19.03.2021

Günter Born: Digitale Amnesie durch willkürliche Kontensperrungen. Viele Microsoft-Dienste lassen sich nur mit einem Microsoft-Konto verwenden. Sperrt Microsoft ein Konto, wird die digitale Identität, die daran hängt, ausradiert. Für die Betroffenen gibt es keine Möglichkeit, dagegen vorzugehen. Golem 18.08.2020

Jens Herforth: Google Account wurde deaktiviert – In diesem Fall zu Unrecht geschehen Giga 21.03.2013

Rolf Schwartmann: Titanic-Magazin nicht mehr im Play-Store: Von der Google-Knute befreit. web.de 17.02.2021

TITANIC verlässt den Google-“Play Store” Pressemitteilung 15.02.2021